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Irgendwann im Mai


Irgendwann im Juni wird der Flieder dieses Jahres endgültig verblüht sein.




... zwei Begegnungen und eine Beeindruckung:
China Keitetsi




Landesstiftung?
Countrypencilation!




Im Dorfladen.

"Ich hätt bitte gern zweihundertfuffzig von der ovalen Salami, bitte!"
"Ovale Salami? Gibts net!"
"Doch! Die von der letzten Woche, die war doch so gut!"
"Wir haben keine ovale Salami, wirklich net!"
"Doch! Letzte Woche, da habt ihrs g'habt!"
"Meinen Sie unsre Fußballwurscht?" frägt die Verkäuferin und hält einen aufgeschnittenen Fußball hoch, in dessen Mitte Salamiartiges zu erkennen ist.
"Ja freilich. Die Fußballwurscht!"
"Ja, gell, unser Fußballwurscht, die wird so oval durchs Schneiden!"




Immer stärker das Bedürfnis, den schlimmen, traurigen, bedrückenden Dingen etwas Schönes entgegenzusetzen. Vielleicht berichte ich deshalb so wenig, derzeit. Vielleicht habe ich die wunderbare Knuddel-Geschichte, die sich vor etwa drei Wochen abspielte, deshalb nicht erzählt, um ein Gegengewicht zu haben, in der Hinterhand, falls etwas Schlimmes passiert, um das Gleichgewicht halten zu können. Jetzt fühle ich mich nicht in der Lage, die Knuddel-Geschichte zu erzählen, aber ich denke daran, es tröstet mich. Das Furchtbare ist ja nicht, daß die Kröte tot ist, das ist sehr schlimm; das Furchtbare aber ist das Wissen, daß ... ist die Trauer und die Hilflosigkeit der Andren.




Um diese Zeit vor neun Jahren kauften wir uns das Schildkrötenbaby. Ein Geschenk für meinen Sohn zum 10. Geburtstag, ein Geschenk für mich zum bestandenen Examen. Ein tolles, wunderschönes, zutrauliches Tier. Es war aber nur ungefähr zwölf Wochen hier bei uns, denn dann musste ich ins Krankenhaus, Kind und Kröte kamen bei meinen Eltern und der Oma in Pflege. Monate später zog mein Sohn wieder zu mir, wie sich das gehört, aber die Kröte wollte nicht zurück. Besser gesagt: Die Oma wollte das Tier nicht mehr hergeben. Immer wieder herrliche Bilder. Die Kröte, wie sie auf die Schritte, die Stimme der Oma reagierte. Wie sie ihr nachlief, sogar nachrannte, wenn der gelbe Gummihandschuh im Spiel war. Die Oma, wie sie das kleine Tierchen streichelt und mit Kosenamen versieht. Unmöglich, das zu zerstören, unsere Schildkröte war fortan Omas Kröte.

In den letzen Monaten geht es der Oma nicht mehr so gut. Sie ist jetzt 84 Jahre alt, manches ist nicht mehr so einfach, auch die Pflege der Schildkröte nicht. Ein neuerlicher Umzug wurde besprochen, und zwar hierher zurück zu mir. Erst ein wenig Skepsis, doch dann die Freude, deren Intensität mich selbst überraschte. Und es wurde geplant, ein Außengehege auf dem Balkon, ein Innenkäfig im Ex-Kinderzimmer. Das habe ich heute umgeräumt, saubergemacht, vorbereitet für den neuen Mitbewohner, schmunzelnd über mein Verhalten, welches dem einer werdenden Mama glich (was ist wohl der beste Platz für das Bettchen? Ob ihn wohl die Poster an der Wand irritieren?). Morgen wollten wir zum Baumarkt, Bretter für das Auslaufgehege besorgen. Vorhin der Anruf meiner Mutter: Die Schildkröte ist heute nachmittag gestorben.
11.05.06




Draussen fliegt der Frühling umeinander und bleibt mir im Halse stecken.





Gestern bei der Lesung (auf der verlinkten Seite mittlerweile ins Archiv gerutscht) von Hannes Heer. Manchmal tun mir die alten Männer leid. Tatsächlich, Mitleid mit diesen Ewiggestrigen, das ist aber politisch überhaupt nicht korrekt, wer weiß, von wem ich verprügelt werden würde, wenn ich das eingestünde.

Geht hin, wenn er zu euch in die Stadt kommt. Vielleicht, wahrscheinlich kommen auch bei euch in der Stadt die alten Männer, Jahrgang 25 zum Beispiel, und erzählen die Geschichten. Wie, Du kannst sie nicht mehr hören, die Männer nicht mehr und die Geschichten auch nicht mehr und es ist eh immer das Gleiche? Kann sein, und kann anders sein.

"Vergangenheit", so Hobsbawn, "bleibt ein anderes Land. Ihre Grenzen können nur von Reisenden überschritten werden."
[Letzter Satz der Einleitung in Hannes Heers "Hitler war's"]

Interview mit H. Heer