Zurück?


kleines erleben.
nicht ganz erlogen und nicht ganz wahr.


Der Blick fällt zufällig nach oben ins Zimmer, zur großen Wanduhr. Dort hängt der Kollege und ohne es zu überprüfen weiß sie, daß er tot ist. Sie bittet ihren Gesprächspartner, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Als wenn das was helfen würde. Und rennt hinaus, zum Telephon, wen soll sie anrufen?, den Krankenwagen. Am Gartentor erwartet sie die Sanitäter. Sie lachen und scherzen, als sie mit der Trage hinaufgehen, doch beim Betreten des Zimmers sind sie still. Als sie wieder hinsieht, sind sie mit der Leiche verschwunden, nur die Trage steht noch da, mit siffig-klebrigen Überresten des Kollegen.

Der Vater findet nach fast 45 Jahren Ehe heraus, daß seine Frau nur deshalb FC Bayern-Fan ist, um ihre Ruhe zu haben.

Frühjahr 04



Alle Türen sind versperrt, das Haus schläft, nun können wir nach Hause gehen. Als ich auf die Andren zugehe bemerke ich ihre Erstarrung und schon spüre auch ich die Bedrohung, es ist eine todbringende. Blitzschnell geht es vonstatten: Das Ich wird zum Es, schlangenähnlich kriecht es über den Boden, den dunklen Ecken zu. Den Ecken und dem Faltenwurf im dunkelblauen Samt. Verkriechen. Verstecken. Verschwinden unmöglich. Beständig wird es aufgescheucht durch das. Aus dem Dunkel vertrieben flieht es dahin. Und will so nicht weiterleben. Und es richtet sich auf und ich nehme das kleine Messer und stelle mich in die Mitte des hellen Raumes. Dem entgegen. Und beobachte den Zug der Kinder, Kinderschlange, gekauert wandern sie auf den grünstichigen Mann zu, der ihnen mit dem Säbel die Hemden vom Leib schlitzt, daraufhin purzelbaumt das Kind aus sich selbst und verschwindet. Eins nach dem Andren. Der Mann wirft mir mit höhnischem Lachen die Stofffetzen zu, die sich während des Fluges in rohes lebendiges Fleisch verwandeln, mit dem kleinen Messer will ich das töten und zerstochere und zerteile das und jeder Teil wird neues Leben. Dann ruft der Mann den verbotenen Namen. Und der Stellvertreter wirft nicht mehr höhnisch, stattdessen böse lachend zielgerichtet das Fleisch auf meinen Bauch und während der Verätzung sehe ich als letztes den Monitor mit all den Namen.

01.03.04 (08.03.04)



Meine Mörder verfolgen mich wieder. Ich sehe sie nicht, doch weiß es, sie sind nah. Flucht in den Hauptbahnhof, dort warten die Polizisten: In Achtergruppen stehen sie auf Tribünen, je vier Schulter an Schulter und Rücken an Rücken mit vier andren, bewaffnet und gerüstet, sie jagen meine Mörder. Niemand beachtet mich, ich will Hilfe, dringe vor zu einer Polizeigruppe und fixiere den Mann in der Mitte. Als er meinen Blick auffängt, beugt er sich herab, endlich frägt jemand nach mir, und als ich antworten will, habe ich keine Stimme mehr.

Im brechend vollen Zug sind sie in meiner Nähe, doch auch ein Freund, er warnt mich, die Männer dort vorne, in den kurzen Hosen, von denen einer grünliche Hautfarbe hat, das sind sie, die zu Azzarro gehören. Azzarro ist der Regisseur. Seine Leute sind die Verbrecher. An meiner Heimathaltestelle steigen alle Menschen aus, auf dem schnellsten Weg will ich in die Wohnung, doch zu viele Menschen, der Freund unterhält sich mit dem Professor, ich rutsche den Abhang hinunter, schnell weg, weg.

Mit dem Freund und seiner Frau, sie ist meine Freundin, stehe ich vor der Haustür, sie sind uns dicht auf den Fersen, die Türe auf, schnell. Doch über Nacht wurde ein neues Schloß eingebaut, ein Sicherheitsschloß, fünf Schlüssel müssen in der richtigen Reihenfolge in die richtigen Schlüssellöcher gesteckt werden, macht schnell, sie kommen. Ins Auto, sagt meine Freundin, wir fahren dich mit dem Auto ins Haus, sie schiebt mich in den Kofferraum, der so klein ist, daß ich ihn komplett ausfülle und zu ersticken drohe.

Mit meinem Kind sitze ich im Flur der Wohnung. Wir müssen uns still verhalten, dürfen uns nicht rühren, damit uns niemand bemerkt. Plötzlich knackt es in der Sprechanlage. Das sind sie! Sie stehen vor der Haustür und wissen, daß wir hier sind. Gleich sagen sie, daß sie kommen werden. Es knackt wieder und jemand singt ein trauriges Lied in russischer Sprache. Es ist der Nachbar, der von seiner Freundin aus der Wohnung geworfen wurde. Er fleht sie an, ihn wieder anzunehmen. Als der Gesang endet, ist Applaus aus allen andren Wohnungen zu hören. Jemand macht Licht in der Wohnung, durch die orangenen Seidentüchern an den Fenstern leuchtet es hell nach draussen. Es sieht aus wie Weihnachten und ist das Ende.

17.08.03



Nach zweiundzwanzig Jahren ist sie wieder vierzehn Jahre alt. Steht im elterlichen Haus, blickt durch das Fenster auf die Straße. Bald werden die beiden Wagen kommen, auf dem Parkplatz gegenüber halten und die Männer werden aussteigen. Ebenso wie es wenige Wochen vorher schon geschehen ist. Wie damals wird sie allein in das andre Zimmer gehen müssen, sich in die Mitte des Raumes stellen, um daß die Männer sie betrachten und dann mitnehmen können. Durch ein Handgemenge konnte sie entkommen, damals Jemand betritt den Raum, ein Wissender, sie frägt. Wer denn alles in dem Lager sei. Und die Namen der Schulkameradinnen werden aufgezählt, Ute und Christine und Birgit und mehr. Und sie frägt, obwohl sie weiß: Sind sie freiwillig dorthin gegangen? Als wenn die freiwillig betretene Hölle leichter zu ertragen wäre. Da kommen die Wagen. Hitler und Himmler gehen mit den Personenschützern auf das Haus zu, sie muss ins andre Zimmer.

11.11.02



Kuchen verkaufen, auf einer Außenterrasse in einen von Nationalsozialisten besetzten Bergdorf. Schlimm, sehr schlimm die immer wieder neu zu treffende Entscheidung: Wem darf, soll vertraut werden? Schlimmer das immer wieder bittere Erkennen der Täuschung. Die Menschen: Fliehen blindpanisch, werden hinterrücks erschossen. Fliehen von langer Hand vorbereitet, unauffällig, bedacht. Werden unten am Dorfausgang festgehalten. Eine alte Frau, die täglich lange Zeit in der Kirche verbringt. Der liebe Junge, eines Tages kauft er in Uniform, nun höhnisch grinsend sein Stück Kuchen. Von hier oben Überblick über jeden Winkel des Dorfes. Jede Ecke, jedes Haus, jedes Herz. Unsagbar grausam. Ein Herr mit Hut zahlt mit gewissen Worten und einem Hundertzweierschein. Drei Zeichen, mit ihm zu gehen. Angst. Kann man vertrauen, soll man vertrauen? Da kommen sie. Menschen kauern hinter einer Barriere aus Kaffeehausstühlen. Zappeln, nach links und rechts, wie beim Kinderspiel: Du triffst mich nicht, Du triffst mich nicht, Du triffst mich - .

22.10.02



Eisenbahnbrücke. Zwischem dem einzigen Gleis und dem ornamentalem, sandsteinernem Geländermäuerchen ein Bett. Darin liegt sie, schon lange, für noch lange. Bürstet sich gerade die Haare, setzt sich auf, mühsam, und wirft die ausgebürsteten Strähnen (viele. dicke.) über das Geländer. Sieht ihnen nach auf dem Weg zum Wasser.


Es ist schon lange dunkel im Raum, der an und für sich dauerbeleuchtet von künstlichem Licht ist. Sie merkt es erst jetzt. Mit einer kleinen Lampe in den Vogelkäfig leuchten. Die beiden Vögel darin leben noch, immer noch, schwach sitzen sie unten am Boden. Kräftig wirken die Gespinste, die Puppen, auch sie leben, man sieht sie atmen und zucken. Wenn sie fertig sind, werden sie die beiden Vögel, sofern diese nicht vorher sterben, töten.



Aufwachen unter einer dunkelblauen Decke aus Stein.

15.10.02



Sie nimmt den Schlüssel, verlässt ihren Raum und tritt in´s Gebäude. Hohe Hallen, weite Treppenhäuser, hinabsteigen. Trifft im Keller die alte Frau, die um Hilfe bittet, nicht mehr zurückfindet, doch Hilfe gewähren ist nicht möglich. Sehr traurig das. Nach oben durch weite Treppenhäuser, vorbei an Buffets voll mit Köstlichkeiten, Silberterrinen mit feinsten Pralinen, es schwirren weißlivrierte Pagen, geschäftiges Treiben. Sie kommt an, öffnet das kopfgroße Rundschloß, tritt in ihre Zelle und verschließt die armlangbreite Stahltür. Grautriste enge Ruhe.

09.09.02




Ein Geschehen auf einer Straße, einer schmalen, unbelebten Straße, inmitten von Feldern. Spazieren gehen eine ältere Dame mit Chihuahua sowie eine junge Frau mit vier Dobermännern, kein Hund ist angeleint, beide Gruppen bewegen sich aufeinander zu. Kurz vor dem Aufeinandertreffen legen die Dobermänner sich hin, wenig Platz bleibt an den Straßenrändern, wenig Platz zwischen den Hunden, "Chihuahua", sagt die junge Frau, "lauf außenrum, begib Dich nicht zwischen die großen Hunde.", der Kleine hört´s, rennt los, mitten zwischen den Dobermännern hindurch und eine Hündin setzt ihm nach. Hetzt ihm nach und kommt näher. Und näher. Erreicht ihn - man ist versucht, die Augen zu schließen - die große Hündin springt in´s Feld, schnappt sich einen Ball und trägt den schwanzwedelnd im Trab zurück zur jungen Frau. Der Chihuahua steht allein am Ende der Straße.

Die Beobachterin des Geschehens bezieht bald darauf ein neues Heim. Nach all den Zuhauses endlich ein Heim. Kein Haus, keine Wohnung, mehr eine Halle, gebaut aus rohen roten Backsteinen. Gebaut vor langer Zeit von Nationalsozialisten. Von Häftlingen. Wände aus Stein, Boden aus Stein, nackt, trist, kalt. Sie sieht sich um und fühlt sich daheim. Bemalt die Decke blau, darauf weiße Gebilde und träumt von einer Decke.

04.09.02




in...

die frau erhält nachricht von ihrem sohn. vor 7 tagen hat sie ihn versteckt, auf dem dachboden, dem geheimen, bei einer fremden frau. versteckt vor den häschern, welche die kinder einsammelten. fast wäre es mißlungen, die uniformierten waren überall, doch sie hat es geschafft ihr kind in sicherheit zu bringen, sie ist gewitzt. 7 tage wütendes chaos im ort. dann klopft sie an der tür der fremden frau, "öffne den dachboden, bitte", doch die fremde weigert sich. abweisend ist sie und kalt. da geht die mutter selbst zum verborgenenen dachboden, die fremde springt dazwischen, öffnet die tür und ruft nach oben, keine antwort. eisig wird der mutter ums herz, er ist tot, das grauen erfüllt ihren körper und ihren verstand, da kommt die nachricht: "mama, ich bin seit 3 tagen mit den andren kindern unterwegs, weil der bertrender, der kennt jemand in malaysia, dorthin gehen wir. seit 3 tagen hab ich nichts gegessen und nicht geschlafen, ich hab doch soviel hunger, meine handgelenkchen sind schon ganz blond und schwach, ich will hier nicht sein, auch wenn wir das überleben, mama sag, was soll ich denn in malaysia ..."


...einer...

gefahr ist im dorf. die junge frau flüchtet aus dem elternhaus, geht zur baracke, dort hofft sie freunde zu treffen. die baracke, früher, fluchtpunkt vor sich selbst hin zu alkohol und andren drogen, scheinbaren freunden. scheinbaren freunden... während des laufens durch die nacht die feststellung, in der baracke wurde nichts verloren, das sich wieder holen ließe. es war und ist kein guter ort. die junge frau steht in der mitte der nacht, dunkel und still ist es, und gefährlich. wohin? da läuft jemand, jemand, den sie kennt und mag, ihm könnte sie sich anschließen, "warten sie" ruft sie und stolpert ihm nach, "warten sie doch, bitte", er dreht sich um doch sieht sie nicht, das helle jacket entfernt sich immer weiter.


...nacht...

die frau möchte den leichnam ihres vaters sehen, die bestatterin bringt sie zum offenen sarg. "warum ist er so klein"" frägt sie, und in der tat, vielleicht einen meter messen sarg und vater. "warum sieht er so furchtbar aus, ist das die natur oder mein vater?" frägt sie, und wirklich, sein gesicht ist sehr schnell verwest. "legen sie ihm das tuch über den kopf" sagt die bestatterin, ihr ein schmutziges ehemals weißes stofftaschentuch reichend, ein andres hat sie nicht, "das ist der grund, warum ihnen immer tücher über den kopf gelegt werden". zärtlich tut´s die tochter, wird ruhig und geht. die bestatterin dreht seufzend den mann um, froh darüber, daß sie ihn nicht von hinten sehen wollte, dieser anblick hätte sie zerschmettert.


...an vielen...

er sagt ihr, daß er sie erst wieder sehen will, wenn er seine ehe und sein leben in ordnung gebracht hat. sie weiß, das kann lange dauern.


...orten

irrren durch den westbahnhof, wie sie des nachts so oft durch bahnhöfe irrt, und natürlich findet sie auch diesmal nicht den richtigen zug. schlafen legen im bahnhof, zwischen den obdachlosen, trinkern und den andren "gestalten", die bahnpolizei tritt auf die gruppe zu, "nein, ich bin weder betrunken noch obdachlos, ich weiß nur nicht wo ich hin soll".

- - -


was gäbe es in so nächten schönes zu entdecken, zu tun, man könnte sie friedlich durchwandern, allein oder auch nicht, man könnte geschätzte freunde um sich haben, reden oder schweigen, man könnte lesen oder schreiben, sich an einen geliebten menschen kuscheln, schön träumen oder einfach schlafen. das alles könnte man tun, wenn man könnte.

17.07.02




Welch Farbenpracht! Leuchtendes Orange mit Rottönen im Kontrast zu Blau, weiche Übergänge, changierend fliessend herrlich. Die dunkle Wolke am Horizont kommt näher, Pferde sind´s, eine Horde Pferde donnert auf die erstarrte frau zu, sehr schnell kommen sie näher im rasenden Galopp, einzelne Leiber nicht erkennbar, eine Masse Pferd tobt. Sie wird sie nicht stoppen können. Sie werden sie zertrampeln. Sie sind schon sehr nah.

Eine Hand schiebt sich in´s Bild, greift vorsichtig das obere Ende des Himmels, dreht die Landschaft um 90°. Farben verlaufen sich quer statt längs, Pferde rasen nach Osten statt Süden. "Man kann sie nicht aufhalten. Jedoch man kann ihnen eine andre Richtung geben" sagt die Stimme.

02.06.02




im antiquariat. alte dokumente, stiche, unterlagen und bilder. sehr schöne sachen darunter. eins der bilder wird beim genaueren hinsehen lebendig. ein schöner herbsttag, zwei kinder, vielleicht 2 und 4 jahre alt spielen auf einem bett aus stroh. die frau hört sie lachen. und dann sieht sie das feuer kommen. die flammen greifen das stroh, noch lachen die kinder.

sie müssen verbrennen, sagt man ihr. sie müssen verbrennen, um daß es andren menschen gut geht. es muss so sein, es hat seine richtigkeit, du musst es nicht verstehen, du wirst es später verstehen, es ist wie es ist, es gehört sich so, es ist normal, du musst es nicht verstehen, du wirst es verstehen, wenn du groß bist, du bist zu klein, du verstehst das nicht.

die frau sieht die angst der kinder und hört ihr schreien. sie kann nichts tun.

eines der kinder überlebt. eine gute weile später ist es auf der straße zu sehen, mit seiner mutter und einem neuen kind. das entkommene kind kümmert sich sehr liebevoll um das kleine im wagen. die mutter, in begleitung der baroneß, ist gramgebeugt, verhärmt, doch glücklich. der vater ist endlich weg.

13.05.02




die katze liegt vor dem bett auf dem boden. im alten kinderzimmer, das kaum mehr benutzt wird. die katze ist tot. vorsichtiges schließen der tür.

jemand sollte die katze dort wegräumen. niemand tut es, die katze bleibt liegen, die tür zum alten kinderzimmer bleibt zu. manchmal an die katze denken, traurig sein über ihren tod, unruhig sein, weil sie immer noch da liegt. niemand kümmert sich drum.

eine zeit später wird man um ein ding gebeten, welches hinterm bett im alten kinderzimmer liegt. angst, wie wird die katze aussehen?, doch sie liegt unverändert so, wie sie letztes mal lag. wundern, noch keine verwesung?, über den toten körper steigen (um an´s hintere teil des bettes zu gelangen), da: sie verflüssigt sich bereits, ihr kopf liegt in einer halb gestockten breiigen masse.

sache holen, zimmer verlassen, vorsichtiges schließen der türe. jemand sollte die katze dort wegräumen. grauen bei dem gedanken an ein bewegen des körpers. er wird bei berührung zerfallen, würmer und maden werden hervorquellen. furchtbares grauen. wer kann jetzt noch helfen.

11.05.02




zum bahnhof gehen wie immer. vorne der eingang zur passage, links die stadtmauer, viele menschen, dort steht eine gruppe jugendlicher. wie immer. doch da ein plötzliches erschrecken.

der schreck fährt durch ihren körper, lässt sie straucheln, für einen moment ist alles schwarz. und als sie wieder bei sich ist, scheint die welt verändert. alles ist weit weg, als würde man durch ein umgedrehtes fernglas blicken, ein weites stück niemandslandartige welt liegt vor ihr, weiss, eher grau gepudert wirkend (hatte es vorher geschneit, oder geschah es in der zwischenzeit?). dort hinten, in weiter ferne, der eingang zur passage, das türmchen der stadtmauer, auch weiss überzogen.

das kann nicht sein, sie kneift die augen zusammen, konzentriert sich auf´s sehen, doch nichts ändert sich, immer verzweifelter wird ihr mühen, was ist das? (augenfehler? gehirnschaden?), sie will die welt sehen, wie sie ist. doch nichts ändert sich. bis sie die augen öffnet. es ist doch so einfach.

09.05.02




im lieblingsantiquariat plaudert die frau mit der nun schon alten buchhändlerin, die beiden kennen sich seit vielen jahren.

staubige bücher, viele bücher, ein kleines ladentischchen, die stimme der buchhändlerin senkt sich als sie meint, es wirkt beinahe verschwörerisch, der zweite band sei nun da. die frau erschrickt. sie wusste, dass es so kommen würde und doch erschrickt sie, blickt auf das schmale buch, betrachtet den papierumschlag mit schwarzweiß-zeichnung, es sieht dem ersten band ähnlich. nun suchen ihre augen die truhe, hinten im raum. die alte bemerkt es, nickt, ja, er wird bald aufwachen. der ehemann der antiquarin bewacht die milchglasartige truhe, verschwommen sind darin weisse bandagen, körperartige umrisse zu erkennen. ja, der ehemann wird bei ihm sein, wenn er erwacht, ob die frau auch anwesend sein möchte? um himmels willen nein.

ein gedanke: es könnte jeden moment geschehen. jeden moment könnte er sich zu regen beginnen. nie und nimmer will sie dabei sein, schnell verlässt sie den laden. läuft durch die stadt, verirrt sich im bahnhof. sie weiss, daß er zu ihr kommen wird, nach all den jahren des ruhens wird er versuchen sie zu holen. es wird keine ruhe geben. sie will nach hause, doch auf dem gleis steht kein zug. der fahrplan ist falsch. niemand kann ihn lesen. der schaffner kennt sich auch nicht aus. sie will nach hause und weiss nicht wie.

09.05.02