sammlungnotiert sequenzen |
notiert31.12.02Oh, schon 23.00 Uhr. Seit ca. fünf Stunden ist Ruhe im Haus, nachdem der Lärm noch groteske Ausmaße annahm. Seit fünf Stunden bin ich dabei, a) meinen Drucker zum Laufen zu bringen, mittlerweile erfolgreich; b) einen gerechten Dienstplan für Januar zu erstellen, mittlerweile wahrscheinlich erfolgreich, noch nicht exakt durchgerechnet; c) das Gerüst dieses Planes auszudrucken und zwar im Querformat. Mittlerweile bastle ich die Sache in Photoshop, weil Word und ich, wir sind kein gutes Team. Mit Sicherheit bin ich damit noch bis nächstes Jahr beschäftigt, und das ist gut so. Silvester und ich, auch keine gute Kombination. Manchmal nervt mich die Lautstärke der Musik im Zimmer meines Sohnes. Vorhin, ich wollte schlafen, bat ich ihn genau darum: um laute Musik. In der Hoffnung, Goethes Erben oder dergleichen würde das inhaltslose Gestampfdudel der Nachbarn, "Wassindwirallelustig"-; "DasLebenistSpearsähhhParty"-; "DubistsoKetchuptrallala"-Zeugs der Nachbarn übertönen, welches nicht nur nervend, sondern extrem aggressionsfördernd ist. Hat nicht geklappt, kein Schlaf möglich. Mit Tricky und einem wütenden Staubsauger dagegengehalten. [Nachdem ein Riesenkarton voll mit Papier in den Keller und 2 Kisten voll mit Papier zur Tonne gebracht wurden, ist hier sogar wieder Platz zum Staubsaugen. Und meine schönen neuen alten Stühle, mittlerweile sich beim Tisch befindend, sind frei zugänglich.] Früher hatte ich fast ausschließlich angenehme Nachbarn hier im Haus, und die unangenehmen waren wenigstens still. Es schneit. Zum ersten Mal diese Saison. Kamera schnappen, auf den Balkon, der erste Schnee soll dokumentiert, der Film endlich voll werden. Ein Bild von dicken Flocken vor den Bäumen, nun die Gleise - und aus ist es. Schon wieder die Batterie. Kein Bild vom weißen Treiben auf den Gleisen. Beim Zerkleinern des Dickmann-Kartons sah ich das schöne Innenleben. Silbriger Glanz, und das auf fester Pappe. Aufheben! war der Spontangedanke, Aufheben und irgendwann verarbeiten. Sowas ist u.a. für das Wohnungselend verantwortlich. Schränke und Schubladen sind verstopft von schönen und interessanten und irgendwann vielleicht einmal auch nützlichen Dingen. Bücher-, Papier-, Photo- und mehr -stapel wachsen kontinuierlich von der Wand an ins Innere des Raumes. Der wird immer enger. Bald kein Platz zum Essen mehr. Der Fouqué-Verlag macht keinen schlechten Eindruck. Arno Schmidt würde, ich vermute mal ins Dunkle hinein, dennoch aus dem Grabe heraus schimpfen, wenn er denn könnte. * * *
29.12.02Wer einundsechzig Stufen zu erklimmen hat, um an die Wasserstelle zu gelangen, dem sei geraten, zum Holen des Wassers einen leeren Behälter, z.B. den vorhandenen Wasserkocher, anstatt einer mit Cappuccinopulver gefüllten Dose mit nach oben zu nehmen. Weihnachten macht mir schon lange nichts mehr aus, doch für die nächsten Tage wünscht ich mir ein Erdloch. Wo sonst wäre dem Geknalle und Gesirre und Geheule zu entkommen. Und das Andre? * * *
27.12.02Ich war heute hier in der Photoausstellung, (jedoch, es ist das komplette Museum interessant, selbst die Motorräder hatten einen gewissen Unterhaltungswert), sah einige Bilder, die mir ausgesprochen gut gefallen, kaum ein Bild, das mich nicht ansprach, wenigstens irgendwie. Franziska Gräfin zu Reventlow: Je mehr ich in ihren Tagebüchern lese, desto nervöser werde ich. Schlafen, in Etappen, immer wieder unterbrochen durch entweder Druck im Magen oder auf der Blase oder Telefongeklingel oder sonstwas. Wie nur passen in ein paar wenige Stunden Schlaf so viel Details, so überwältigend viele Details ohne Zusammenhang? Blaue Käfige, für Tauben oder Hasen; ein großes rundes Treppenhaus, das ich erklimme und dann von oben herabblicke in die Tiefe, doch da biegt eine Direktorin um das Rund; im Krankenhaus frägt mich jemand nach dem Exfreund, ich erinnere mich nicht an dessen Namen; ein Baby, vielleicht acht Wochen alt, es trinkt sitzend auf dem Küchentisch Johannisbeersaftschorle aus der Glasflasche und erzählt schmunzelnd, daß das Leben durchaus interessant sein kann; eine der alten Wohnungen, im Dachgeschoß ist ungewöhnlich aufgeräumt, doch spinnwebverhangen, hinten am Fenster steht eine vertrocknete Topfpflanze, darin sich zwei riesige Käfer mit furchterregenden Gesichtern befinden, auch vertrocknet oder nicht, das ist die Frage; ein anderes Krankenhaus mit einem vergessenen Patienten in der Ecke. * * *
26.12.02Mit der Rolltreppe fuhr ich nach oben in den Bauch des Bahnhofes, dort saßen die Punks mit Hunden und Musik, ein wenig abseits stand er und blickte mir entgegen. Er, mit dem ich mich nicht verabrede, weil wir uns ohnehin immer wieder begegnen. "Hallo" sage ich, und "Hallo" sagt er und ich bleibe vor ihm stehen. Er sagt nicht, daß er auf mich gewartet hat, er sieht nur so drein, als hätte er auf mich gewartet. "Ich habe was für Dich dabei" meint er, und zieht aus der Ledertasche eine Plastiktüte. "Jetzt schenkst Du mir Dein Buch" freue ich mich, "heute morgen schrieb ich darüber auf meiner hp." Erzähle von meinen wenigen Sätzen und es freuen sich zwei Menschen, dazu gesellt sich insgeheim ein klitzekleines Staunen über sich kreuzende Wege. "M. meinte mal, für ein Gehalt weniger als x Euro in der Stunde würde sie ihren Arsch am Morgen nicht aus dem Bett bewegen." * * *
24.12.02[Nachtrag: Der Spiegel berichtet von sechs Millionen Gänsen, die jährlich, also nicht nur zur Weihnachtszeit, in Deutschland verzehrt werden. Vorsicht: Der Bericht könnte Übelkeit, Aggression, Ekel und/oder Trauer hervorrufen.] * * *
22.12.02Es scheint, als wäre das Leben alleine weitermarschiert. Treibt sich irgendwo da draussen herum und macht, was es will. Gut möglich, daß so ein Leben die Zeit nicht mit jederman verbringen mag, aber seinen Menschen einfach in der Wüste sitzen zu lassen: müsste nicht sein. Ob es sich einfangen lässt? Ob es sich einholen lässt? Vielleicht sollte man es kurzerhand abschießen. All diese Möglichkeiten, wie mühsam und beängstigend, mit welch schier übermenschlicher Anstrengung scheinen sie verbunden. Bleibt eins: Auf die Seifenblasen warten. Nicht wieder draufsetzen und ein Stück mit fortschweben, nein, diesmal die Geheimtür öffnen, die Welt aussperren und ein Weilchen schlafen, eingehüllt in seifenblasige Membran, in Ruhe und Zartheit. * * *
20.12.02Nie wieder möchte ich an einer Weihnachtsfeier teilnehmen, die zugleich eine Abschiedsfeier ist. Nie wieder. * * *
18.12.02Zeit der Melodien. Unabhängig vom immer rascher dick werdenden Mond, war er nicht letzte Woche erst rund? Ein dürrer Finger drückt den unsichtbaren Knopf: Eine Melodie ertönt. Füllt den Raum und drängt beiseite, drängt heraus, störendes, zwickendes, lästiges Etwas, gerade rechtzeitig, gerade noch. Bevor es vollends verzweifelnd macht. Alan Stivell, Live in Dublin. Irgendwann also hat sich auch dieses kleine Lied festgesetzt, auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um nun, mal laut, mal leise, aber immer beständig, dazusein. * * *
16.12.02Die Kündigung gestern war schnell geschrieben, zwei Sätze mit Füller, immerhin, auf kariertes Blockpapier. Nach dem Gegenzeichnen heute - ein unerwartetes Gefühl der Freiheit. * * *
15.12.02Im TV läuft gleich Das Leben ist schön. Ich kenne den Film (noch) nicht, will ihn schon lange sehen [Hallo Isa :-)] Wird, so viel ich weiß, am 25.12. auf einem andren Sender wiederholt. Öffentliche Verkehrsmittel die 327.: Noch ein ganz andrer Adventskalender - Weihnachten in Island * * *
14.12.02Nicht in letzter Minute, sondern neun Minuten vor der selbstgestellten Frist wurde es soweit fertig, daß das erste Türchen zu öffnen ist. * * *
13.12.02Mir gefällt die Aktion bei antville ausgesprochen gut. Nicht nur, weil ich ungern darauf verzichten würde. Viel mehr freut mich die unverkrampfte Art, mit der Menschen zusammen etwas unterstützen, zu erhalten versuchen. Und damit auch, nicht nur mit dem Geld, den Betreibern ihren Dank ausdrücken. So ungefähr. Mir fehlen da etwas die Worte. Seyfert's Sextet: Wunderschön! Mehr auf dieser Seite. Der Apfel ist sauer. Außerdem bitter, angefault und schimmlig. Doch so ein Apfel ist besser als kein Apfel. Oder einer, der zwar schön, sauber und intakt ist, jedoch nach gar nichts schmeckt. Nicht jeder schnöde Selbstbetrug ist so glasklar wie dieser. Sonst hätte das Leben auch gar nicht überlebt werden können bis hierher. * * *
12.12.02Von drauss' vom Hirsch da komm ich her, ich muss euch sagen, es geigte sehr - schön. Und trommelte sehr geil. Und dudelsackte wunderbar. Und flötete und rockte und überhaupt. Heute bei Schandmaul, heute ohne Pogo. Das Kreuz, Sie wissen schon. Letzte Nacht ein andres Haus mit vielen Zimmern. In dem ich gesucht und gewartet und gesucht und gewartet habe. Nein, ich mag mich nicht mit Traumsymbolik befassen, nicht mit der allgemeinen, Spinne=Angst vor Sexualität oder Tod=Abschluß einer Lebensphase oder sonstwie. Ganz unabhängig davon: Schon oft stand ich zum falschen Zeitpunkt neben dem richtigen Ort. * * *
11.12.02Wie schön am ganz frühen Morgen, die Sonne ist gerade erst aufgegangen, der Balkon glitzert! Wie wunderbar sind die Eisblumen an der Glasscheibe der Bushaltestelle! Wie herrlich der klirreblaue Himmel am Nachmittag! Herrlich, wunderbar und schön ist es am Abend im Schaumbad, feinblasig bunt knistern die weißen Berge. Und es ist warm. Warm! In der Badewanne ist es schöner als im Winter. * * *
10.12.02Letzte Nacht war ich in diesem großen Haus, mit vielen Stockwerken und unzählbaren Zimmern. Im obersten Stockwerk war ich, die Tür des Zimmers zum Treppenhaus stand offen. Da kamen Uniformierte, mit Masken vorm Gesicht, vielleicht die Feuerwehr. Alle sollen raus aus dem Haus. Nein, ich möchte nicht. Gut, sagt der Anführer, auch gut, und er beginnt, Flüssigkeit auf den Teppichboden im Treppenhaus zu schütten und in alle Zimmer, deren Türen offenstehen. Was das ist, Gift natürlich, tödliches Gift. Und er schüttet und schüttet. Es ist schon fast bei meinen Füßen. Der Versuch darüberhinweg zu springen gelingt nicht, ich stehe im Gift und atme seine Dämpfe ein. Während ich durch das zweite, nicht vergiftete Treppenhaus hinablaufe, schaue ich in alle offenstehenden Zimmer und sehe viele Menschen. Sie sind fröhlich. Wissen sie nichts? Man sollte sie warnen, ich sollte sie warnen. Da, meine Cousine! Ich erzähle ihr von der Feuerwehr und vom Gift, sie nickt freundlich und erzählt von ihren Kindern. Ich verlasse das Haus. Laufe durch die Stadt. Einige Frauen stehen da, sie wissen über die Gefahr Bescheid. Man kann nichts tun, so sagen sie traurig. Ich laufe allein weiter. Es wird dunkel. Der junge Mann spricht breitestes Österreichisch und ich muss oft nachfragen. Als er nach einem Sackerl frägt, greife ich ohne mit der Wimper zu zucken in die Schublade und reiche ihm eine der Papiertüten. Da schaut er perplex und ich muss lachen. Weiß gar nicht, wie lange ich jetzt die Zigarette im Mund hatte, bis ich merkte, daß sie nicht angezündet ist: So spannend finde diese homepage: Beautycheck. Vielleicht freunde ich mich doch noch mal mit meiner "dominanten" Stirn an. * * *
09.12.02Auf einer Plastiktüte: "Leben spenden!" Ich hab eins. Ja, möchte es etwa jemand haben? Wer könnte denn damit etwas anfangen. Red doch nicht so- ... jaja, dumm daher. Ich weiß, das hungernde Kind in Afrika. Du weißt doch gar nicht- ... wie gut ich es habe, dochdoch, ich weiß. Bin ja schon ruhig. Der Wind scheint die Blätter lebendig zu machen. Die verwelkten abgeworfenen Blätter, wenn der Wind sich zu ihnen gesellt spielen sie Fangen, rennen um die Wette oder tanzen Ringelreihen. Wie kleine Tierchen jagen sie umeinander. Ich hätte ihnen nicht stundenlang zusehen können, hab es aber lange getan. (Und wenn der Wind sich zu den Seelen gesellt?). Kopfschmerzen. Pochpoch. Die Kopfschmerztablette in einem halben Liter Wasser gelöst und auf Ex getrunken. Bauchmerzen. Zwickzwack. * * *
06.12.02Ich wartete in der Buchhandlung, ich war dort verabredet. Griff mir ein Buch und begann zu blättern. Setzte mich auf die Treppe und begann zu lesen. Dann wurde ich pünktlich abgeholt, eine Verspätung wäre mir diesmal auch recht gewesen. Schau, dieses Buch. Gedanken nachhängen. Hängenbleiben. Strampeln. Verstricken. Verknoten. Gefesselt. Strampeln: aua. Ruhen: auch. Müde. * * *
05.12.02Eben in mareTV ein paar kleine Einblicke in das Leben von Therese. Jung, hübsch und sympathisch. Während sie die Krabbe, noch lebend vermutlich, über einem Bottich entzweibricht, den Rand des Bottichs zu Hilfe nehmend, und dann mit einem Messer, wahrscheinlich war es ein Messer, in das Innere der Krabbe vorstößt, erzählt sie: "Ich stehe um 6 Uhr auf, gehe zur Arbeit und bin abends so zwischen 7 und 10 Uhr wieder zu Hause. Auch wenn wir Fisch verarbeiten, können die Tage lang werden. Aber wenn Krabbensaison ist, wird der Druck noch viel größer. Die Boote kommen laufend rein und wir müssen schnell sein. Erst nach drei bis vier Wochen, so Anfang Dezember, wird es dann ein bisschen ruhiger." Die Kamera zoomt auf das Krabbenausnehmen und Thereses grünlackierte Fingernägel sind zu sehen. Ob die roten Haare echt oder gefärbt sind? Am Abend singt sie im einzigen Lokal des Dorfes, dem Kafe, bekleidet mit einem BH-ähnlichen Shirt und einer Art Schürzchen darüber Karaoke zu einem Britney-Heulbojen-Lied. Ah - ein Rilke-Adventskalender * * *
04.12.02Sonette und mehr drängten die Müdigkeit ins Reich der Nebensächlichkeiten. Insbesondere und fürs Erste hat es mir die Galerie angetan. Meine Güte bin ich müde, wie kann ein Mensch so müde sein ohne Drogen ohne Wein, nur vom Leben. Meine Maus will nicht so wie ich will. Die hängt und klemmt und spinnt
trotzdem sie frisch geputzt ist. Beim Bildbearbeiten entsteht dadurch sowas: ... p-link Dreharbeiten im Schwurgerichtssaal * * *
02.12.02Eine homepage für ein Buch: Ultrachronos von Helmut Krausser. Das alte Kinderspiel. Eine Weile direkt in die Sonne schauen und dann die Augen schließen. Und dann das Rot genießen. Ein bißchen mit den Augen zwinkern und die Farbveränderungen bestaunen. Wieder einen Blick riskieren, Augen auf, Augen zu, schnell hintereinander: Soviel bunte Flecken. Schielen unter geschlossenen Lidern, dann tanzen die Flecken. Mit geschlossenen Augen in die Sonne schauen, die Hand vor dem Gesicht bewegen: Das schönste Rot der Welt wird zum schönsten Dunkelrot. Früher wurde das Spiel auf der Schaukel gespielt, der Sonne entgegen schaukeln, immer höher, immer näher. Bis sie unterging. Sie geht auch jetzt unter, hinter Häusern statt dem Wald. Den Blick auf die Straße werfen, dort steht eine alte Frau. Die mit abgestellter Handtasche eine Gestalt beobachtet, welche oben auf den Treppen steht, das Gesicht starr dem Himmel entgegenreckt und mit den Händen rumfuchtelt. Kichern. * * * |
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