sammlungnotiert sequenzen |
notiert31.10.02Sie wusste genau, wie das damals war. Ach Kind, sagten sie dann, das ist unmöglich. Du warst viel zu klein damals. Sie erinnerte sich an den Nachbarn und an sein Auto, an die Fahrt mit der Oma und an das Haus mit den Treppen. Das werden wir Dir erzählt haben, sagten sie, Du kannst Dich nicht erinnern können.Sie wusste auch andre Dinge. Ach Kind, seufzten sie, woher hast Du nur Deine Phantasie. [Und sie begann zu phantasieren. Irgendwann glaubte sie sich zu erinnern, doch Erinnerung war nicht vorhanden. Und dann auch kein Glaube mehr. Doch das ist eine andre Geschichte.] Bei dem von Zirbel gelinktem Bild Kreuzigung fällt mir Hannah Wilke ein. * * * 30.10.02Erfindermesse. Als Kind hab ich mal Schuhe für Frauen erfunden mit verstellbaren Absatzhöhen. Damit sie nicht so viel Schuhe haben müssen, die Frauen. Genau das wurde dann mal irgendwann später als Neuheit aus Italien oder so bei einer Modenschau vorgestellt, hab ich in einer Frauenzeitschrift gelesen, wahrscheinlich im Wartezimmer eines Arztes. Oder so. * * * 29.10.02Ob auch im alten, siechen Körper noch das kindische Wesen hausen wird; sich fürchtend vor Knisterkrokodilen und Gespenstern, Zuflucht suchend beim Verschweben in traumgewebten Luftpalästen. Hoch droben im flitterglittersiebten Himmel. * * * 28.10.02Also ganz im Ernst, ich arbeite wirklich gern. Mag den Arbeitsplatz, die unregelmäßige Arbeitszeit und die Kollegen meistens auch. Dazu nicht ganz unwesentlich: "Arbeiten gehen ist Urlaub machen vor mir selbst", pflegt m. zu sagen und dem kann ich mich aus ganzem Herzen anschließen. Da ist man doch irgendwie aufgeräumt, so in (auf??) der Arbeit. Dennoch lässt sich nicht leugnen, daß ich mich in den vergangenen sieben Tagen an das Freihaben gewöhnt habe. So zum Schluß hin war das wirklich nett und hätte noch ein Weilchen so weitergehen können. Ein, zwei Tage noch, dachte ich gestern, das wäre schön, dem langsam spürbaren Erholungseffekt noch ein wenig Zeit zum Entfalten geben, ein Tag wenigstens noch Ausschlafen und Rumlümmeln und Nichtstun. Hilft nix, die freien Tage sind vorbei, Wecker schellt, verquollenes Fertigmachen, hastiges Hausverlassen, übliche Zug- und Busnervereien, alles normal. Guten Morgen also in der Arbeít, doch anstelle der Freude in den Gesichtern der Kollegen - und das hatte ich schon erwartet, daß die Herren sich freuen mich wiederzuhaben - betretene Mienen. Was ist los? "Also Mädchen..." (Die Anrede ist in dem Fall erlaubt, lässt mich jedoch Furchtbares ahnen), "was machen Sie hier? Sie sind doch erst morgen wieder eingeplant..." * * * 27.10.02Noch ist nicht Montag, doch die Zeitung ist schnell. Bericht über hiesige Auswirkungen des Sturms. Der Baum gegenüber steht noch. Nach alldem bablanalem Geblubber hier ein wirklich sinnvoller Link. Sinnvoll im Sinne von bildend und erheiternd. Mein Sohn hat wieder mal recht: Die googeligen Picassoo ähneln wirklich dem Mac-man: Spazierengehen bei Wind und Sturm ist was Schönes. Beim Kippen von Verkehrsschildern und Bauzäunen jedoch ist es ratsam, Zuflucht in der Wohnung zu suchen. Auch von Drinnen betrachtet ist das da draußen nicht mehr schön. Da heulen auch schon die Sirenen, schwach vernehmbar im Lärm des Sturms. Der Baum vor meinem Fenster neigt sich bedenklich in die falsche Richtung. In meine. Schon ein bißchen ungewöhnlich, nachts um drei putzmunter aufzuwachen, eine Stunde rumwurschteln und dann um drei wieder ins Bett zu gehen. Anschließend in einer wohlvertrauten Wohnung Tapeten repariert. All die vielen Löcher in der rauchvergilbten, ehemals sehr hellen Tapete mit Zeitungsausschnitten, auch vergilbt, zugepuzzelt. Sehr interessante Effekte, auch schön. Den Übergriff samt darauf folgenden Kampf hätte es nicht gebraucht. Bald wird es meinem Traumhaus in der Stadt ebenso ergehen. Weiß nicht, warum mir das echte Schmerzen bereitet. Sind doch nur Steine. * * * 26.10.02Stimme, Tonfall, Aussprache sind mir wichtig. Arno Schmidt hören? Diese Stimme wirkt - gewöhnungsbedürftig. Zwei Tage nun also ohne neu aufgetretene Belastungen. Hm. Was hat das Leben vor? Warum will es in Sicherheit wiegen? Was, was bitteschön ist da im Anflug? "Ach nein" winkt sie lachend ab, "ist nur Spaß. So mißtrauisch bin ich doch gar nicht. Wenn mal eine Woche oder so nichts passiert, da kommen dann manche Gedanken, aber doch nicht jetzt." "Das ist alles was ich dir sagen kann
vielleicht ists besser wenn ich es wieder schreibe es ist nichts - nichts von Bedeutung es ist nur alles was mir einfällt heut Nacht Das sind Geschichten in Büchern gelesen Geschichten aus dem täglichen Leben Geschichten die mir niemand glaubt Das sind Geschichten und sie sind geklaut" [von: Fehlfarben] * * * 25.10.02Beim mühsamen Lesen einer kleingedruckten, eher unübersichtlichen Liste in einem Buche mit der rechten Hand unwillkürlich nach der Maus tasten, die Suchfunktion nutzen wollen: Das ist bedenklich. Ohhhhh: "Ordnung ist die Lust der Vernunft, aber Unordnung ist die Wonne der Phantasie". - Paul Claudel - (vonda) Eben kam der Anruf. Der krebskranke Patient, der Eine oder die Andre erinnert sich, ist nun ein exkrebskranker Patient. Nein, exkrebskranker Mensch. Nachdem das Karzinom durch Bestrahlungen und Chemo verschwand, durch eine prophylaktische Op sein Zustand lange Zeit so schlecht war, daß um sein Leben gefürchtet wurde, konnte er heute aus dem KH entlassen werden. Nach wochenlangem zwei Schrittchen vor, drei Schritte zurück, kamen nun die Sieben-Meilen-Stiefel zum Einsatz. Mein Vater wird, wie es aussieht, nun gesund weiterleben, nächstes Jahr seinen 60. Geburtstag feiern können. Ohne Speiseröhre halt, doch was soll´s. :-)
Sieben freie Tage, heute ist der fünfte, bisher verlief keiner ohne Aufregungen, ohne Ereignisse, die geplanten und erfreulichen Dingen im Weg standen. Für heute hat sich nichts angekündigt. Ein fremdes Gefühl: Es liegt ein Tag ohne Belastung vor mir (schön wäre am Abend derselbe Satz leicht verändert: hinter mir). Und ganz klassisch-gemütlich begann ich ihn mit Ausschlafen --- (und prompt fällt das Geträume der Nacht über mich: in Bad Steben, Vergangenheit erkunden, Wohnung suchen, viel Wasser fliesst den Hang hinab, eine wilde Busfahrerin, vielleicht 75 Jahre alt, steuert den Bus ausgelassen bergab, alle überleben, die Wagenladung voll ca. 75jähriger Damen und ich auch, das wahrhaft Spektukaläre, Spektakuläre des Traums: Ich hab den richtigen Zug erwischt - ein Zeichen? nach Bad Steben ziehen?), also Ausschlafen, Kaffeetrinken und Zeitungen lesen: * * * 24.10.02Ich habe ein merkwürdiges Gefühl beim Hochladen der neuen Photorubrik (der Treppeneffekt war unbeabsichtigt, umso schöner finde ich ihn). Nicht schlecht, nicht gut, nur merkwürdig. Falls das Erwartete eintritt sag ich Bescheid. Wenn es nicht eintritt, vielleicht auch. * * * 23.10.02Sehr schade: Fischrock muss aufgeben.
Achja, zum Fernsehen wurde ich genötigt und das war gut so. Sonst hätte ich die Musicalfolge von Buffy verpasst... Liebste beste kleine Große, Du wahnsinniges Wesen: Allerbesten Dank! * * * 22.10.02Ein Mädchen in der Buchhandlung greift nach einem Buch. Der alte Mann, Opa vielleicht, Zeitung unterm Arm, zieht es weg: "Das sind nur alte Geschichten, nur Erinnerungen." Das Mädchen schaut traurig. Zuhause wird es mit der Familie wohl GZSZ oder dergleichen ansehen. (müssen). Dankeschön! Schön war das noch heute morgen. Der erste Morgenzug, die großen Augen meines Sohnes, die mich putzmunter am Rechner vorfanden und und noch größer wurden beim Erspüren der Nässe unter den nackten Füßen. Ich hab grad den Teppich geputzt. Aha... Freude beim Gedanken an baldiges Hellerwerden (auch so eine Sache, die meist schöner scheint als sie ist: Tagesanbruch), doch kurz nach sieben ist klar: Jetzt in´s Bett und es wird zu keiner Umdrehung mehr kommen. War auch so. Nach genau zwei Stunden in genau derselben Lage erwacht, in der ich einschlief. Zwischendurch war ich Kuchen verkaufen, auf einer Außenterrasse in einen von Nationalsozialisten besetzten Bergdorf. [05.40h]: * * * 21.10.02Ich bin zappelig. Hatte Besuch, netten, freundlichen und sehr leibhaftigen Besuch (im Gegensatz zu gestern). Nun geht das Outlook wieder, meine Einkommensteuererklärung ist gemacht und ich hatte zum ersten Mal im Leben eine Digitalkamera in der Hand. Also ausnahmsweise, schließlich bin ich zappelig und nicht ganz Herrin meiner Sinne, Bilder meiner Wohnung. Von der Digitalkamera, natürlich: Bilder vom Mond bald, einem verwackelten Mond, der wie ein Ei am Himmel hängt. Mit dem Gedanken, eine Rubrik "Verpfuscht und schön" (oder so ähnlich) auf der Bilderseite einzurichten, spiele ich schließlich schon eine gute Weile. Guten Morgen übrigens. Ich mag Züge, Bahnhöfe und all das Drumrum. Vielleicht eine frühkindliche Assoziation. Vor jeder Bahnfahrt (und auch zwischendurch) schenkte mir mein Uropa Vitus die besten Bonbons der Welt. Im schon lange nicht mehr existenten Bahnhäuschen nämlich verkaufte der alte Mann mit Mütze, aus seinem Fenster heraus, nicht nur Fahrkarten. Der Opa starb, als ich sechs war. Ist also schon wirklich lange her. Mehr Lust auf Bahn? schnitte. schmerzvoll und (er-)lösend. lösen befreit, schmerzvolle freiheit. nicht lieber in sicherheit sein? wenn sie golden wäre .... auch nicht. schnip-schnap. schneid dir nicht ins eigene fleisch! ok, gibst du mir deins? willst du glücklich sein im leben, trage bei zu andrem glück, denn die freude die wir geben, kehrt ins eigne herz zurück. mag sein. mag sein, ist oft so. und umgekehrt. [nächtliches kopfgespräch, im halbschlaf] * * * 20.10.02Es wurde später als gedacht, ein schöner Abend, ich hatte Gäste. Dummerweise hatten die beiden ihre Fahrräder im Innenhof abgestellt, dessen Zugang um 18.00 h geschlossen wird. Das Nebentor kannten sie nicht. Ein klein wenig nur seufzend, nur innerlich, zog ich mich an, um mitzugehen. Es würde eine lange Wanderung, durch den ganzen Burghof erst, Räder holen, dann den Berg hoch zum Nebentor und alleine wieder zurück. Als wir die Wohnung verließen, stand im Treppenhaus von der ersten Etage bis unten knietief Badewasser, mit viel Schaum obendrauf. Mein junger Begleiter ließ das Faltboot also im zweiten Stock, noch mal seufzend packte ich es und kletterte über das Geländer nach unten. Ich mag keine nassen Jeans anhaben. So viele Traurigkeiten und vielleicht habe ich sie noch nicht alle kennengelernt, doch ich kenne viele, kenne genug. Die bittere Traurigkeit, leer. Verzweifelte Traurigkeit, die Messer in Deinem Bauch dreht, dreht und dreht und dreht. Die fast süße Traurigkeit, ziehend, magnetisch fast, in der man auf- und vergehen möchte, wenn man nur könnte. Eine subtile Traurigkeit, wahrscheinlich immer da, ein Grundgefühl, durchaus in der Lage, mit Heiterkeit Hand in Hand zu laufen. Neu ist derzeit eine begleitende Aggression. (Nicht gegen mich, sonst wäre sie ja nicht neu). So geriet ich zum ersten Mal in meinem Leben beim Schlange stehen im Laden in Streit mit einem andrem Schlangestehenden. Einer Nichtigkeit wegen. Und irgendwie ist das alles wirklich egal, außerdem bin ich kopfplatt. Werde Adventskalender basteln (Danke noch mal für´s Nachfragen und Motivieren). Wird mir guttun, mich mit Dingen zu beschäftigen, die außerhalb meines Selbst liegen. Davon gibt es nicht viel, ich bin so grauenhaft durchlässig. * * * 19.10.02Darauf hatte ich mich gefreut. Doch es ist so kalt, es ist so elend kalt. Jetzt kurz vor 20.00 h frage ich mich, warum ich hiergeblieben bin. Hier, Zuhause also, friere ich auch nicht weniger als Draussen. Auch ein weblog.
(Keine Goldwaagen hier bitte, ich gebrauche den Begriff stets großzügig.) * * * 18.10.02Zorn, Neid und Trauer vor 25 Jahren. Warum haben sie sich einfach weggemacht, es hätte doch noch gut werden können. Warum bin ich nicht so mutig, warum warte ich auf ein Geschehen, anstatt es in die Hand zu nehmen. Und Trauer, ja, ich fühlte mich ein Stück alleiner auf der Welt. Ausgeträumt der Traum der Rettung, des heimlichen Heldendaseins. Kein Grund mehr, auf den Straßen des Dorfes den Menschen in´s Gesicht zu sehen, nach Fremden zu spähen, hoffend, ein vom Photo bekanntes Gesicht zu sehen. Die Photos auf den Plakaten, gelb, wenn die Erinnerung nicht täuscht, die damals an den Kuhställen hingen. In einem der Ställe hätte ich zumindest vorübergehend verstecken können, und sie dann ins Hexenhaus gebracht, damals stand es noch. Seltsame Zeit damals, dieser "Deutsche Herbst". Außerdem in diesem Herbst Schulwechsel, Menarche, Tagebucheinträge über Sex Pistols, Peter Frampton, Pink Floyd; Eierhass, und diverse Blickwechsel mit diversen Jungs. Mein Herbst war das nicht. * * * 17.10.02Vielleicht war es der Wind letzte Nacht, dieser so besondere Wind, beim Sterben im Freien sollte er und kein anderer um einen sein. Und wer im Zimmer bleibt und heute noch nicht sterben möchte, den trägt er vielleicht zu den steinernen Stätten, den ewigen, zur steinernen, statuettengerahmten Treppe, wie still (s.t.i.l.l.) der Blick nach oben. Oft dortgewesen, nie einen Fuß auf die Stufen gesetzt, vielleicht das nächste Mal, und einmal, irgendwann, möchte ich nach unten schauen. Wenn der Blick dann noch intakt ist. * * * 16.10.02Dabei ist es doch müßig über den Gewaltakt der Befreiung nachzudenken, wenn Du nicht weißt, wer Dir die Fesseln anlegt. Drei vielleicht 10-jährige Buben in der U-Bahn. Einer lautstark am Reden, die andren lauschen gebannt: "Eigentlich sollte ich diese Spiele nicht spielen. Wenn ich sie weiterspiele, dann werd ich wie der Typ aus Erfurt." Stolz-heischend in die Runde grinsen. * * * 15.10.02Wie war Dein Tag? Was soll der Scheiß, ein Tag gehört doch keinem! Naja, Ansichtssache - ich meinte, was hast Du heute gemacht? Nichts. Aha... (Vorsicht, nun kommt ein lala-Text: lang und [größtenteils] langweilig. Der Outlook-Express ist kaputt, deshalb maile ich derzeit über die gmx-homepage. Hab ein längst vergessenes Adressbuch dort gefunden. Darin die Adresse eines Jungen, der schon lange tot ist. Beim Überlegen meine ich, daß es, wenige Wochen hin oder her, ziemlich genau 2 Jahre her ist. Eben beim Beantworten einer mail: Jemand schrieb mir, das Aufsetzen eines strahlenden Lächelns für eine Weile kann den Effekt auslösen, daß man sich gut fühlt. Das hat früher schon nicht funktioniert bei mir, jedoch bin ich gerne bereit, es noch mal zu versuchen. Versuche es also beim Schreiben, da kommt mein Sohn rein: "Was grinst Du so blöd?" Der Effekt wurde ausgelöst. Zwei Menschen sind sich gegenüber und grinsen sich blöde an. Und beginnen zu kichern. * * * 14.10.02Arno Schmidt scheint mich zu verfolgen. Wie oft hab ich nach ihm gesucht? Fast nie. Wie oft hab ich ihn gefunden? Sehr oft. Es ist beinahe wie vor 20 Jahren. Vieles ist beinahe wie vor 20 Jahren, doch diesmal möchte ich klüger wählen. Wer weiß. Vielleicht finde ich in 20 Jahren Arno Schmidt und eine vage Erinnerung packt mich: Da war doch mal was? Theoretisch denkbar, praktisch nicht, denn: ich kann nicht 20 Jahre voraus denken. Ich kann es nicht mal 1 Jahr oder ein halbes, konnte es nie. 20 Jahre zurück dagegen, ein Klacks. War das nicht erst letzte Woche? * * * 13.10.02Erbärmliche Zustände. Ordnung schaffen wollen und Chaos erzeugen, glätten wollen und alles zerreißen, schlafen wollen und alpträumen. Auskotzen statt ausdrücken, bluten statt malen, schweigen statt sprechen, wimmernd warten statt leben. Erbärmlich und widerlich. Eine kleine Gruppe mit großem Hund. "Hunde dürfen hier leider nicht rein." - "Was?" - Sie dürfen mit dem Hund nicht rein, es tut mir leid." - "Aber warum?" - "Naja, Hunden ist der Zutritt verboten, es tut mir wirklich leid." - "Aber das darf doch nicht wahr sein! Warum?" - "Verstehen Sie doch, wegen der Sicherheit und vielleicht Hygiene und vielleicht könnte jemand Angst kriegen." (Schon sehr hilflos nun). - "Aber", - auf den großen Mann der Gruppe deutend: "das ist mein Bruder aus Israel!" - "Aber", - auf den großen Hund deutend: "ich meine doch den Hund!" - "Ach so." * * * 12./13.10.02Das Leben, meine Güte, dieses Leben. Ist nichts und doch so viel. Vielleicht sogar Alles. Nichts ist passiert, es gibt nichts Neues. Nichts Wichtiges. * * * 10.10.02Nach dem Klingeln des ersten Weckers noch mal hingelegt, nach dem Klingeln des zweiten Weckers nur den Kopf noch mal kurz auf´s Kissen. Jemand erzählt mir eine lange Geschichte, und mit dem Wort Morgenthau sitze ich kerzengerade im Bett und weiß, daß ich längst nicht mehr schlafen sollte. * * * 09.10.02Letzte Nacht träumte ich einen Text. Ziemlich kurz, einige Zeilen, fast ein Gedicht und sehr schön. Beim Aufwachen hatte ich ihn noch vor Augen, in meinem Kopf, je wacher ich wurde, desto mehr entglitt er und übrig blieb nur die erste Zeile. Das ist schade, aber nicht schlimm. Immerhin lässt dies hoffen, daß noch Worte in mir sind, daß ich wieder werde sprechen können, Worte haben für andres als nur den Alltag. Nur im Alltag. Dabei kann ich reden, wie ich vielleicht noch nie reden konnte. Doch wenn jemand daher kommt ... wenn da jemand am Telephon ist ... wenn mir wer schreibt ... ein Mensch, mit dem ich sprechen möchte, dann kann ich nicht mal mehr reden. Zum "Urteil von Nürnberg": Heute in den "Tagesthemen". Außerdem das Interview mit Abby Mann. Mich beschäftigt das ganz außerordentlich. * * * 08.10.02Zwei Leute kommen in der Bahn in´s Gespräch, Mann und Frau, schöne Sache eigentlich. Schöner wäre das, zumindest für Mitreisende, wenn die sich Unterhaltenden zusammen sitzen würden. Was sie nicht tun. Jeder an einem andren Ende des Waggons. Ein ebenso lautes wie banales Gespräch über das Chaos der Bahn (dessen Ende vor Anfang Dezember nicht abzusehen ist). Ich will in Ruhe lesen. An Ruhe ist nicht zu denken. (Nirgends und nie, zur Zeit, waren Sie schon mal ein Heute ist der achte Oktober. Am achten Oktober 1871 begann Chicaco zu brennen. Am achten Oktober 1920 wurde Frank Herbert geboren, 1928 Helmut Qualtinger, Am achten Oktober 1954 fand die Uraufführung von Brechts "Der kaukasische Kreidekreis" statt, 1958 wurde der erste Herzschrittmacher eingesetzt. Vor 10 Jahren starb Willy Brandt. Heute beginnt die 54. Frankfurter Buchmesse, vor einem Jahr begann ich mit dem dem "Webloggen", aber das war Zufall, und vor zwei Jahren war Sonntag, ja. * * * 06.10.02Nichts Niemand Nirgends Nie !:
[Arno Schmidt] Vielleicht freue ich mich auf Freitag. Ich weiß noch nicht genau. Eine Theaterkarte jedenfalls ist mir sicher. Darüber habe ich mich gefreut. * * * 04.10.02Du versuchst Dir nicht im Wege zu stehen, nicht über die eigenen Füße zu stolpern, die inwandigen Täler zu durchqueren und Gipfel zu besteigen und bist mit alldem genug beschäftigt. Und dann kommt das Leben daher und prügelt Dich mit einem schlechten Witz nach dem andren. Es ist wirklich zum Lachen, aber es ist nicht lustig. * * * 02.10.02Am 2.10.1616 wurde Andreas Gryphius geboren: Und dann war da noch der Blick aus meinem Fenster. Wer mag, kann mit rausschauen. Und nun ist Schluß mit der Eigenwerbung und Zeit, auf den Boden zurückzukehren. Wien (dpa) - Ein Vierjähriger hat im österreichischen Linz die Polizei alarmiert, weil ihm die Knödel seiner Oma nicht schmeckten. «Ich will nicht mehr, ich mag nicht mehr», sagte Sebastian nach Zeitungsberichten über die Notrufnummer. Die Polizei vermutete mehr hinter dem mysteriösen Anruf und ging der Sache nach. Die Beamten fanden den Jungen dann tatsächlich vor dem Teller mit Zwetschgenknödeln. Die Oma habe ihm wiederholt erklärt, er solle in Notfällen den Polizeinotruf wählen, rechtfertigte sich das Kind. * * * 01.10.02Ich suche nie nach Motiven, ich sehe sie und dann photographiere ich. In letzter Zeit sah ich nicht und nichts. Getrübter Blick, nach innen gerichtet. Versuchsweise nach vorne, doch auch das liegt im Dunkeln. Zurückschauen tut manchmal weh, es bleibt der Blick nach oben, so letzthin an einem Sonntagnachmittag, während der Arbeit auf den steinernen Treppen sitzend. Wochen ist das schon her. Zusammen mit den Kollegen verlass ich am Abend das Haus. Mir wird schwindlig. Sag dem Kollegen, daß ich nicht mit zur S-Bahn laufen kann, daß ich erst noch was tun muss hier. Besorgt sieht er mich, die ich am Boden kauere und im Rucksack wühle, an. Was los ist? Nichts. Aber ich muss erst den Himmel photographieren. Von dem mir schwindlig wurde. Du siehst mehr und mehr verloren aus, sagt jemand.
Niemand frägt, wie das gemeint ist. * * * |
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